
Norwegische NGO nennt Kamerun als Land mit am stärksten übersehener humanitärer Not

Das zentralafrikanische Kamerun ist nach Einschätzung des Norwegian Refugee Council (NRC) das Land mit der am "meisten vernachlässigten" humanitären Krise der Welt. Rund 3,4 Millionen Menschen hätten 2024 in dem von bewaffneten Konflikten geplagten Kamerun Hilfe und Schutz gebraucht, konstatierte die Hilfsorganisation in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Zugleich sei über die Krise in Kamerun wenig berichtet worden, und nur 45 Prozent der angefragten humanitären Hilfen erfolgt.
Der NRC veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der zehn an "meisten vernachlässigten" humanitären Krisen. In den vergangenen beiden Jahren hatte Burkina Faso in Westafrika an der Spitze dieser Negativliste gestanden. Wie zuvor befinden sich auch im aktuellen Report die meisten der aufgelisteten Staaten in Afrika: Diesmal sind es acht, vor einem Jahr waren es neun afrikanische Länder.
Nach Kamerun folgen auf der neuen Liste Äthiopien, Mosambik, Burkina Faso, Mali, Uganda, der Iran, die Demokratische Republik Kongo, das zentralamerikanische Honduras sowie Somalia. Als Kriterien für die Liste wendet der NRC Mängel in drei Bereichen an: humanitäre Hilfen, Medieninteresse und politisches Engagement der internationalen Gemeinschaft zur Bekämpfung der jeweiligen Krisen.
Zu Kamerun heißt es in dem neuen NRC-Bericht, dass das Land seit mehr als einem Jahrzehnt von gleich drei Krisen heimgesucht werde. Dies seien Konflikte zwischen bewaffneten Gruppen im Tschadseebecken, Gewalt in Regionen im Nordwesten und Südwesten des Landes sowie die auf Kamerun übergreifende Krise in der benachbarten Zentralafrikanischen Republik.
Innerhalb Kameruns habe es im vergangenen Jahr mehr als 1,1 Millionen Binnenflüchtlinge gegeben, teilt der NRC mit. Auch hätten sich fast eine halbe Million in das Land gekommene Flüchtlinge in einer "prekären Lage" befunden.
"Die Krise in Kamerun ist ein Lehrbuchbeispiel für globale Vernachlässigung: wenig Berichterstattung und unzureichende Finanzhilfen", konstatiert der NRC. Da es keine Anzeichen dafür gebe, dass die Notlage Kameruns mehr internationale Aufmerksamkeit finden werde, seien die Perspektiven des Landes für das laufende Jahr "noch düsterer".
Generell beklagt der NRC, dass die internationale Solidarität mit Krisenländern abnehme. Sie werde von "zunehmend nach innen gerichteten und nationalistischen" politischen Agenden abgelöst, erklärte NRC-Generalsekretär Jan Egeland. "Quer durch Europa, in den USA und anderswo sehen wir, dass Geldgeber Menschen in der Stunde der Not den Rücken kehren", beklagte er.
L. de Freitas--JDB