
Grüne dringen auf Klausur auf finanzielle Entlastung für Kommunen

Die Grünen haben einen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, um Kommunen finanziell zu entlasten. "Wir wollen mehr kommunale Finanzen ermöglichen", sagte Parteichefin Franziska Brantner am Montag zum Auftakt der Vorstandsklausur der Partei in Bonn. Beschlossen wurde dort ein Positionspapier, in dem die Grünen unter anderem einen höheren Anteil der Kommunen an den Einnahmen aus der Mehrwertsteuer fordern.
"Wir wissen, dass die Demokratie vor Ort lebt", sagte dazu Brantner. Es gehe um den Kita-Ausbau aber auch um den Erhalt kommunaler Einrichtungen wie zum Beispiel der Stadtbibliothek. Daher sei auch wichtig, das Geld aus dem Sondervermögen des Bundes für Infrastruktur und Klimaneutralität "schnell an die Kommunen zu bringen". Zudem müsse der Bund bei der Digitalisierung vorankommen, denn "dann geht es auch vor Ort flotter".
Zur Erhöhung des Mehrwertsteueranteils für die Kommunen heißt es in dem Papier, so lasse sich das hohe Defizit der Städte und Gemeinden wirksam verringern. "Wer neue Aufgaben für die Kommunen beschließt, muss sie auch bezahlen", betonen die Grünen mit Blick auf kostenträchtige Entscheidungen auf Bundesebene. Zudem müsse die Bundesregierung "jetzt wie versprochen ihren Anteil zur Lösung des kommunalen Altschuldenproblems liefern".
"Städte, Gemeinden und Kreise seien Herz und Rückgrat unseres Landes", begründen die Grünen ihren Vorstoß. "Hier gehen Kinder in Schule und Kita, hier treffen sich Nachbarn im Schwimmbad oder auf dem Marktplatz, hier trainieren Jugendliche im Sportverein, hier engagieren sich Menschen in Feuerwehr, Kirchen und Vereinen", heißt es in dem Papier. So entstünden "Gemeinschaft, Zusammenhalt und Demokratie vor Ort im Konkreten".
Den derzeitigen Anteil der Kommunen an der Mehrwertsteuer von rund zwei Prozent kritisieren die Grünen demnach als zu niedrig. Sie verweisen auf "Rekorddefizite, Investitionsstaus und steigende Kosten" für die Städte und Gemeinden, was deren Handlungsfähigkeit bedrohe. Die Folgen seien "marode Schulen, fehlende Kita-Plätze, ausgedünnter Nahverkehr, geschlossene Schwimmbäder". Damit aber "verliert die Demokratie vor Ort an Vertrauen und der Zusammenhalt bröckelt".
Die Grünen fordern zudem mehr Möglichkeiten für Kommunen, eigenständig und verursachergerecht Abgaben zu erheben. Dies könne beispielsweise "eine Verpackungsabgabe oder ein Mobilitätsbeitrag" sein. Der Bund solle außerdem "zentrale Digitalisierungslösungen bereitstellen, um Verwaltungskosten zu senken". Bürgerinnen und Bürger sollen Daten nur einmal angeben müssen, Behörden könnten dann bei Bedarf sicher darauf zugreifen.
Die Grünen-Spitze berät an diesem Montag und Dienstag in Bonn auf einer Klausurtagung über Weichenstellungen für die kommenden Monate. Das Treffen erfolgt vor dem Hintergrund der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen vom Sonntag. Dort mussten die Grünen deutliche Verluste hinnehmen, es gab aber auch Erfolge in der Metropole Köln und weiteren Großstädten, wo Bewerberinnen und Bewerbern der Grünen in teils aussichtsreicher Position der Einzug in Stichwahlen um das Oberbürgermeisteramt gelang.
Die Vorstandsklausur soll zudem der Vorbereitung des Bundesparteitags im November dienen. Brantner und Ko-Parteichef Felix Banaszak warben für ein klares Profil der Partei. Sie nannten dabei neben der Stärkung der Kommunen besonders sozialpolitische Themen sowie Energiewende und Klimaschutz.
Über das Papier der Grünen zu den Kommunen hatte zuerst die Funke Mediengruppe berichtet. Die Kommunen in Deutschland hatten im vergangenen Jahr laut statistischem Bundesamt ein Rekorddefizit von rund 24,8 Milliarden Euro verzeichnet. Dies war demnach das höchste kommunale Finanzierungsdefizit seit der deutschen Vereinigung im Jahr 1990.
A. Martins--JDB