
Waffenruhe zwischen Thailand und Kambodscha hält nach holperigem Start

Trotz Vorwürfen aus Bangkok hat die im Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha vereinbarte Waffenruhe weitgehend gehalten. "Es gab ein Gefecht, aber alles wurde geklärt, als sich die Militärchefs trafen", sagte Malaysias Ministerpräsident Anwar Ibrahim, der am Vortag ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt hatte, am Dienstag. Wenige Stunden nach Inkrafttreten der Feuerpause hatte die thailändische Armee der Gegenseite eine Verletzung der Vereinbarung vorgeworfen, was Kambodscha dementierte.
Beide Länder teilten am Dienstag mit, die im Rahmen des Abkommen vereinbarten Treffen zwischen ranghohen Militärvertretern beider Seiten hätten wie geplant stattgefunden. Nach Angaben der thailändischen Streitkräfte wurden bei drei Treffen an der Grenze Deeskalationsmaßnahmen vereinbart, darunter "ein Ende von Truppenverstärkungen oder Bewegungen, die zu Missverständnissen führen könnten".
Am Morgen hatte Thailand Kambodscha noch einen Bruch des Waffenstillstands vorgeworfen. Kambodschanische Streitkräfte hätten "bewaffnete Angriffe auf mehrere Gebiete innerhalb des thailändischen Hoheitsgebiets gestartet", erklärte der Sprecher der thailändischen Armee, Winthai Suwaree. 18 kambodschanische Soldaten seien seit Beginn des Waffenstillstands bei Angriffen gefangengenommen worden.
Die Sprecherin des kambodschanischen Verteidigungsministeriums, Maly Socheata, wies die Vorwürfe zurück. Es habe "in keiner Region bewaffnete Zusammenstöße gegeben", erklärte sie.
Die Angriffe Kambodschas seien "entweder eine vorsätzliche Handlung oder ein Mangel an militärischer Disziplin", erklärte Thailands Interims-Ministerpräsident Phyntham Wechayachai daraufhin.
Auch wenn die Feuerpause zwischen den beiden Ländern nach dem holperigen Start vorerst zu halten scheint, ist die Situation nach wie vor fragil: "Die Lage ist noch immer instabil in den ersten Tagen des Waffenstillstands", warnte die Sprecherin für Außenpolitik des Grenzkrisenzentrums in Bangkok, Maratee Nalita Andamo, am Dienstagnachmittag.
Bei den Kämpfen zwischen Thailand und Kambodscha waren nach offiziellen Angaben seit Donnerstag mindestens 43 Menschen getötet worden. Auf thailändischer Seite wurden laut Bangkok 15 Soldaten und 15 Zivilisten getötet. Phnom Penh bestätigte bislang den Tod von acht Zivilisten und fünf Soldaten.
Bei Friedensgesprächen in Malaysia hatten sich Thailand und Kambodscha am Montag auf eine "bedingungslose" Waffenruhe geeinigt. Die vereinbarte Feuerpause hatte in der Nacht zu Dienstag um Mitternacht (Ortszeit) begonnen. Im Zuge der Vereinbarung sollten sich am Dienstag die Militärchefs beider Länder treffen. Zudem soll die Grenzkommission der verfeindeten Nachbarländer am kommenden Montag in Kambodscha zusammenkommen.
In der 20 Kilometer von der Grenze entfernt gelegenen kamdodschanischen Stadt Samraong berichtete ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP, die Explosionen hätten eine halbe Stunde vor Mitternacht aufgehört.
"Wenn ich auch morgen keine Schüsse und Granaten mehr höre, kann ich vielleicht endlich nach Hause zurückkehren", sagte die 68-jährige Bäuerin Wanta Putmo im thailändischen Dorf Ta Miang, rund sieben Kilometer von der Grenze entfernt. Wegen der ständigen Explosionen der vergangenen Tage habe sie mit neun anderen Menschen in einem beengten Bunker geschlafen und sich von Fischkonserven und Instantnudeln ernährt.
Die Waffenruhe wurde international begrüßt. US-Präsident Donald Trump, der Kambodscha und Thailand zu der Waffenruhe gedrängt hatte, sprach nach eigenen Angaben mit den beiden Regierungschefs beider Länder und gratulierte allen Beteiligten.
Ein Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres rief Thailand und Kambodscha dazu auf, sich an die Waffenruhe zu halten. Notwendig seien die Lösung seit langem bestehender Probleme und ein "dauerhafter Frieden".
Die Gefechte seit Donnerstag waren die jüngste Eskalation in einem seit Jahrzehnten andauernden Streit um die Grenzziehung im sogenannten Smaragd-Dreieck, wo die thailändische Provinz Surin und die kambodschanische Provinz Oddar Meanchey sowie der Nachbarstaat Laos aneinander grenzen.
Über 300.000 Menschen flohen wegen der jüngsten Kämpfe aus ihren Dörfern, 188.000 auf der thailändischen und 140.000 auf der kambodschanische Seite der Grenze.
X. Barbosa--JDB