
Budapests größte Pride-Parade: Bis zu 200.000 Menschen trotzen Orban

An der Pride-Parade in der ungarischen Hauptstadt Budapest hat trotz eines polizeilichen Verbots eine Rekordzahl von Menschen teilgenommen. Die Veranstalter sprachen am Samstag von bis zu 200.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Menschen demonstrierten für die Rechte von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten - und machten zugleich ihre Ablehnung gegen den rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban deutlich. Dessen Regierung schränkt seit Jahren die Rechte von LGBTQ-Menschen ein.
"Wir gehen davon aus, dass 180.000 bis 200.000 Menschen teilnehmen", sagte die Präsidentin der Pride, Viktoria Radvanyi, der Nachrichtenagentur AFP. Eine genaue Schätzung sei schwierig, "weil noch nie so viele Menschen bei der Budapest Pride waren".
Auch der Bürgermeister von Budapest, Gergely Karacsony, sprach von einer Rekordbeteiligung. "Vielen Dank, Viktor Orban, für eine tolerantere Gesellschaft geworben zu haben", fügte der Grünen-Politiker auf Facebook ironisch hinzu. Der ungarische Politikexperte Szabolcs Pek sagte zu AFP, der "große Erfolg der Pride" sei für Orban und dessen Fidesz-Partei "sehr peinlich".
Die Pride-Parade hatte am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein in der Nähe des Rathauses begonnen. Die fröhliche Menschenmenge zog dann mit Regenbogen-Fahnen und EU-Flaggen durch die Straßen der Hauptstadt, auf einem großen Plakat stand "Freiheit und Liebe können nicht verboten werden".
Angesichts von Orbans restriktiver Politik hatte die Pride-Parade in diesem Jahr eine besondere politische Bedeutung. "Es geht nicht nur darum, Homosexuelle zu repräsentieren", sagte der 18-jährige Student Akos Horvath AFP. "Es geht darum, für die Rechte der Ungarn einzutreten."
"Ich bin stolz darauf, schwul zu sein", sagte der 66-jährige Zoltan. "Ich habe Angst, dass die Regierung uns herabsetzen will."
Orbans rechtsnationalistische Regierung schränkt seit Jahren unter dem Vorwand des "Kinderschutzes" die Rechte von LGBTQ-Menschen ein. Mitte März verabschiedete das ungarische Parlament eine Gesetzesänderung, die auf ein Verbot der jährlichen Pride-Parade abzielt: Damit werden alle Versammlungen untersagt, die gegen das ungarische LGBTQ-Gesetz verstoßen. Dieses Gesetz aus dem Jahr 2021 verbietet Darstellungen von Homosexualität vor Minderjährigen.
Die ungarische Polizei verbot die Pride-Parade in Budapest schließlich vor einigen Tagen. Bürgermeister Karacsony erklärte aber, es brauche für die Pride-Parade keine offizielle Erlaubnis, weil es sich um eine "städtische Veranstaltung" handele.
Orban machte zwar am Freitag deutlich, dass die Polizei nicht hart gegen die Pride-Parade durchgreifen werde. Teilnehmern der Veranstaltung droht aber eine Geldstrafe von bis zu 500 Euro. Den Organisatoren der Veranstaltung könnte eine einjährige Freiheitsstrafe drohen. Entlang der Pride-Parade-Strecke installierten die Behörden zahlreiche Kameras. Außerdem riefen rechte Gruppen zu Gegenprotesten auf.
Trotzdem ließen sich die Ungarinnen und Ungarn nicht einschüchtern - und nahmen in großer Zahl an der Pride-Parade teil. Der deutsche Europa-Abgeordnete Moritz Körner (FDP), der zusammen mit einer Reihe weiterer EU-Parlamentarier mitlief, sprach von einem "deutlichen Zeichen für Freiheit, Toleranz, und letztendlich auch gegen Orban".
"Die Straßen hier in Budapest waren enorm voll", sagte Körner AFP. "Ich war überwältigt, wie viele Leute da waren. Es war ein fröhliches, stolzes, tolerantes Fest."
Der französische Europa-Abgeordnete Raphaël Glucksmann hatte die Europäische Kommission und die Staats- und Regierungschefs der EU zuvor aufgerufen, den Druck auf Orban zu erhöhen. An einem bestimmten Punkt müsse "Stopp" gesagt werden.
Nicht nur in Budapest, auch in vielen weiteren Städten wurden am Samstag Pride-Parades gefeiert. In München sprach die Polizei von rund 20.000 Teilnehmenden und rund 230.000 Zuschauern. Auch in der französischen Hauptstadt Paris gingen tausende Menschen für die Rechte der LGBTQ-Gemeinschaft auf die Straße. Die Abkürzung steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und queere Menschen.
M. de Jesus--JDB