
Harvard klagt gegen Ausschluss ausländischer Studenten - Weltweite Empörung über Trump

Mit einer Klage vor Gericht versucht die Eliteuniversität Harvard das von der US-Regierung angeordnete Aus für ausländische Studierende abzuwehren. Es handele sich um den "letzten Vergeltungsakt" der Regierung unter Präsident Donald Trump, da sich die Universität der von dem Rechtspopulisten eingeforderten weitgehenden Kontrolle widersetzt habe, heißt es in der am Freitag eingereichten Klageschrift. Die Entscheidung Washingtons stieß bei Regierungen weltweit auf Empörung, Berlin bot Studierenden und Wissenschaftlern einen "sicheren Hafen" in der EU an.
US-Heimatschutzministerin Kristi Noem begründete ihr Vorgehen am Donnerstag unter anderem mit der "Weigerung" Harvards, ein sicheres Umfeld für jüdische Studierende zu schaffen, sowie mit angeblich "rassistischen" Richtlinien der Hochschule nahe Boston, die sich für die Gleichstellung von Frauen und Minderheiten und Diversität einsetzt.
Noem entzog Harvard deshalb "mit sofortiger Wirkung" das Recht, Studierende über das Austauschprogramm SEVIS aufzunehmen, das vom Heimatschutzministerium verwaltet wird. Damit erhalten Studentinnen und Studenten der Elite-Universität keine Visa mehr. Sollte Harvard binnen 72 Stunden einlenken, könnte das Austauschprogramm wieder eingesetzt werden, erklärte Noem weiter.
Nicht völlig klar war zunächst, was mit bereits eingeschriebenen ausländischen Studenten in Harvard passieren soll. Noem erklärte, sie müssten "wechseln, oder sie verlieren ihren rechtlichen Status". In Harvard kommt derzeit gut jeder vierte Student aus dem Ausland.
Von dem Verbot betroffen sein dürften auch hunderte Deutsche. Das Auswärtige Amt in Berlin sprach von einer "dreistelligen Zahl Deutscher, die in Harvard studiert" und kündigte zügige Gespräche mit den Partnern in den USA an.
Nach Angaben des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) sind derzeit rund 550 deutsche Studierende in Harvard eingeschrieben. Ihr Schicksal sei noch unklar, teilte der DAAD mit. Ob die derzeit in Harvard studierenden Ausländer die Universität verlassen müssen, werde sich erst nach Ablauf der von der US-Regierung gesetzten 72-Stunden-Frist zeigen.
Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) bezeichnete die Entscheidung der US-Regierung am Rande eines Treffens der EU-Wissenschaftsminister in Brüssel als "ganz, ganz schlecht". Sie hoffe "sehr, dass die US-Regierung diese Entscheidung auch wieder rückgängig machen wird". Aus der "hochdramatischen" Situation in Harvard ergebe sich für Deutschland und die EU eine besondere Verantwortung, sagte Bär dem Sender Bayern 2. Sie müssten die Wissenschaftsfreiheit schützen, "weil es eben nicht garantiert ist, dass das überall der Fall ist".
Bei dem Treffen mit den EU-Kolleginnen und -Kollegen in Brüssel wollte Bär nach eigenen Angaben darüber sprechen, "wie wir unsere Exzellenz-Strategie ausweiten können", auch mit einer "europäischen Strategie". Europa müsse jetzt "ein sicherer Hafen sein, ein sicherer Kontinent sein".
Der Vorsitzende des Bundestags-Forschungsausschusses, Karl Lauterbach (SPD) sagte der "Rheinischen Post" vom Samstag: "Die Angriffe der Trump-Administration auf die Eliteuniversität Harvard sind forschungspolitischer Suizid". Der Ex-Gesundheitsminister, der in Harvard studiert hat, betonte: "Für uns in Deutschland ist das eine Gelegenheit, ausländische Forschende aus den USA zu uns einzuladen." Allerdings müsse die Bundesregierung künftig "noch deutlich mehr Mittel in die 70 deutschen Exzellenzcluster investieren".
Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Walter Rosenthal, kritisierte das Verbot für ausländische Studierende als einen "massiven Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit". Das Vorgehen der US-Regierung sei "sehr besorgniserregend", sagte Rosenthal der Nachrichtenagentur AFP. "Der freie Zugang zu akademischen Institutionen ist Kern des Selbstverständnisses wissenschaftlicher Einrichtungen."
Trump und die Eliteuni im Ostküstenstaat Massachusetts führen seit längerem einen erbitterten Streit. Der Rechtspopulist hatte die Uni als "antisemitische, linksextreme Institution" bezeichnet und Harvard vorgeworfen, pro-palästinensische Proteste auf dem Campus zu dulden. Deshalb hat seine Regierung Harvard bereits mehrjährige Zuschüsse in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar (1,9 Milliarden Euro) gestrichen.
Harvard widersetzte sich jedoch - anders als die meisten US-Universitäten - dem ausgedehnten Forderungskatalog der Regierung. Dazu gehört unter anderem, Diversitätsprogramme für Studierende und Angestellte zu beenden, die Einwanderungsbehörde beim Durchleuchten der Studenten zu unterstützen, Studierende und Mitarbeiter auf ihre "Standpunkte" zu überprüfen und die studentische Selbstverwaltung einzuschränken. Universitätspräsident Alan Garber erklärte Mitte April, die Einrichtung verhandele "nicht über ihre Unabhängigkeit oder ihre verfassungsmäßigen Rechte".
Noem warf Harvard bei X auch vor, sich "mit der chinesischen Kommunistischen Partei auf dem Campus" abzustimmen. In Harvard sind rund 1300 chinesische Studenten eingeschrieben. Das Außenministerium in Peking kritisierte am Freitag, das Verbot ausländischer Studenten sei eine "Politisierung" von Bildungskooperation und "schädigt nur das Ansehen und den internationalen Ruf der Vereinigten Staaten".
Harvard gehört zu den renommierten Universitäten weltweit. Die Hochschule hat mehr als 160 Nobelpreisträger hervorgebracht.
L. Rodrigues--JDB