
Fast 300 Verbände mahnen neue Regierung zu verantwortungsvoller Migrationspolitik

Insgesamt 293 Verbände und Organisationen haben die künftige Bundesregierung zu einer verantwortungsvollen Migrationspolitik gemahnt. "Zugewanderte und hierher geflüchtete Menschen sind integraler Teil unserer Gesellschaft – sie gehören zu Deutschland", heißt es in dem gemeinsamen Aufruf. "Unsere Gesellschaft gewinnt ihre Stärke aus Offenheit, Vielfalt und der Überzeugung, dass allen Menschen gleiche Rechte zukommen."
Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern des Papiers gehören der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Paritätische Gesamtverband und weitere große Sozialverbände, kirchliche Hilfswerke und Verbände, Amnesty International und weitere Menschenrechtsorganisationen sowie Verbände von Migrantinnen und Migranten jeweils auf Bundes-, Landes- und lokaler Ebene. Sie äußerten sich anlässlich des erwarteten Amtsantritts der neuen Regierung an diesem Dienstag.
"Nicht Geflüchtete und Zugewanderte spalten unsere Gesellschaft, sondern eine Politik, die sich den strukturellen und sozialen Problemen unseres Landes zu lange nicht konsequent angenommen hat", betonen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner.
Zu Unrecht würden allein Geflüchtete für die hohe Belastung von Kommunen und einzelnen Berufsgruppen im Zusammenhang mit Migration verantwortlich gemacht, anstatt die tatsächlichen sozialen, politischen und finanziellen Ursachen dieser Belastung anzugehen. Tatsächlich aber leisteten Geflüchtete in unterschiedlichsten Bereichen "unverzichtbare Arbeit" und bereicherten die Gesellschaft.
Kritisiert wird in dem Text eine im Wahlkampf "aufgeheizte Stimmung, die sich vor allem gegen Geflüchtete und Zugewanderte richtete", was sich auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD niedergeschlagen habe. "Doch die Ausgrenzung einzelner Gruppen schafft ein Klima der Angst für alle und untergräbt den gesellschaftlichen Zusammenhalt." Dies nütze am Ende nur den Feinden einer freiheitlichen Demokratie. "Damit muss endlich Schluss sein", fordern die Initiatorinnen und Initiatoren.
Konkret verlangt wird eine Migrationspolitik, welche "die Rechte der Einzelnen schützt", insbesondere auch das Recht auf Asyl. "Zurückweisungen an den Grenzen, Abschiebungen in Krisenländer und eine Beweislastumkehr im Asylverfahren zulasten Geflüchteter sind damit nicht vereinbar." Die neue Regierung dürfe "nicht den humanitären und menschenrechtlichen Kompass verlieren, der Grundlage unseres Zusammenlebens ist", mahnen die Verbände und Organisationen.
Wichtig seien vielmehr Investitionen "in Strukturen für erfolgreiche Integration und Aufnahme". Zivilgesellschaftliche Beratungs- und Betreuungsstrukturen sowie Integrations- und weitere Sprachkurse dürften nicht unter Finanzierungsvorbehalt gestellt werden. Hürden für Qualifikation und Arbeitsaufnahme von Geflüchteten seien abzubauen.
Auch dürfe die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht auf Drittstaaten abgewälzt werden. Sichere Zugangswege nach Deutschland in Form von Resettlement und Aufnahmeprogrammen sollten eher eröffnet werden, statt sie zu beenden.
"Daher appellieren wir an die Bundesregierung: Übernehmen Sie Verantwortung für eine offene Gesellschaft", fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner. Verlangt wird "eine Gesellschaft, in der Einwanderung unterschiedlichster Art als Chance begriffen wird; in der Zugewanderte und Geflüchtete als gleichwertig anerkannt werden; in der Offenheit und Vielfalt als unsere Stärken begriffen werden."
M. de Jesus--JDB