
DGB-Chefin Fahimi zum Tag der Arbeit: "Wollen Achtstundentag statt Hamsterrad"

Mit Appellen für ein Festhalten am Achtstundentag, bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne haben die Gewerkschaften bundesweit den Tag der Arbeit begangen. Zahlreiche Kundgebungen und Veranstaltungen fanden am Donnerstag statt, das diesjährige Motto des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) lautete "Mach dich stark mit uns". Beschäftigte seien "nicht Ursache der Wirtschaftsschwäche, und wir werden dafür sorgen, dass sie nicht die Leidtragenden werden", sagte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi auf der zentralen Kundgebung in Chemnitz.
Es müsse Schluss sein "mit dem Gequatsche, dass die Menschen blau machen, faul sind, dass sie einfach mehr arbeiten müssen", forderte sie. Zu den Plänen von Union und SPD zur Arbeitszeit sagte Fahimi: "Wir wollen Achtstundentag statt Hamsterrad. Hände weg vom Arbeitszeitgesetz."
Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke. Es sei absolut kontraproduktiv, nun eine wöchentliche anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit als Maßstab heranzuziehen, erklärte er.
"13 Stunden Arbeit am Stück soll möglich werden", sagte Werneke der ARD bei der Mai-Kundgebung in Ingolstadt. Wahr sei aber, "dass die Beschäftigten in Deutschland 600 Millionen Überstunden vor sich herschieben und sie nicht abgebaut bekommen." Verdi werde sich aufstellen gegen den "Angriff aufs Arbeitszeitgesetz".
Aktuell ist die Arbeitszeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf acht Stunden pro Tag begrenzt. In Ausnahmefällen ist eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden möglich. Union und SPD wollen statt dieser täglichen Höchstarbeitszeit eine wöchentliche Obergrenze.
Mit Blick auf das ebenfalls geplante Infrastrukturpaket in Millionenhöhe und die angekündigte Strompreissenkung sagte Fahimi: "Jetzt, wo die Rahmenbedingungen durch Investitionszusagen gesetzt sind, wo Abschreibungen möglich sein sollen, wo die Energiekosten sinken sollen, rufen wir die Arbeitgeber auf: Macht endlich euren Job." Sie müssten für sichere Jobs, gute, faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen sorgen.
Zudem sprach sich Fahimi für ein "echtes Tariftreuegesetz" aus, "damit öffentliche Aufträge nur noch an tarifgebundene Unternehmen gehen".
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte, dass aus den Sondervermögen mindestens 130 Milliarden Euro zusätzlich für den Bildungsbereich bereitgestellt werden. Das Geld sei notwendig, um den massiven Investitionsstau im Bildungswesen in den Kommunen, den Ländern und auf Bundesebene wirksam zu bekämpfen, sagte der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller bei der Kundgebung in Marburg.
Auch Politikerinnen und Politiker beteiligten sich an der Debatte. Der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb im Onlinedienst X: "Unverändert gibt es viel zu viele, die für zu wenig Geld hart arbeiten müssen. Deshalb bin ich für anständige Löhne." Er sei auch für "starke Gewerkschaften. Sie sind wichtig für den sozialen Zusammenhalt unseres Landes."
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sprach sich bei der DGB-Kundgebung in Schwerin für eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro aus. Sie "setze darauf, dass die Mindestlohnkommission aus Arbeitgebern und Arbeitnehmern den Weg dafür festlegt", sagte Schwesig. Das Ziel sei ein Anstieg des Lohnniveaus insgesamt. Deshalb setze sich die Landesregierung für mehr Tariflohn ein.
Der Tag der Arbeit ist in Deutschland und vielen anderen Ländern ein Feiertag. Es ist der wichtigste Aktionstag für die Gewerkschaften. Nach DGB-Angaben beteiligten sich bundesweit in diesem Jahr 310.000 Menschen an insgesamt 420 DGB-Veranstaltungen und -Kundgebungen.
S. Alves--JDB