Als Zeugin in Dresdner NSU-Prozess: Zschäpe spricht von Scham
Rund 14 Jahre nach Bekanntwerden der rassistischen Mordserie des NSU hat die als Mittäterin verurteilte Beate Zschäpe im Prozess gegen eine mutmaßliche Unterstützerin der rechtsextremen Zelle in Sachsen als Zeugin ausgesagt. Die 50-Jährige schilderte am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Dresden unter anderem Einzelheiten über das Leben des NSU-Trios im Untergrund und zeigte mit Blick auf die Opferfamilien der rechtsextremistischen Mordserie Zeichen von Reue.
"Ich schäme mich", sagte Zschäpe in ihrer siebeneinhalbstündigen Zeugenaussage auf die Frage der Vorsitzenden Richterin Simone Herberger, was sie empfinde. Ihren Tatbeitrag arbeite sie in der Strafhaft auf, sagte Zschäpe und bezog sich dabei offenbar auf die Raubüberfälle, mit denen der NSU sein Leben im Untergrund finanzierte. Sie habe das im Münchner NSU-Prozess gegen sie verhängte Urteil "vollumfänglich angenommen". Zugleich betonte Zschäpe aber, dass sie an keinem Tatort gewesen sei. "Ich habe keine Menschen selbst getötet".
Die rechtsextremistische Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verübte insgesamt zehn Morde, zwei Bombenanschläge und mehr als ein Dutzend Überfälle. Die NSU-Täter Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos entzogen sich im November 2011 durch Suizid einer drohenden Festnahme nach einem Raubüberfall in Eisenach. Zschäpe versandte anschließend eine Reihe von Bekennerschreiben, mit denen sich der NSU selbst enttarnte.
Zschäpe wurde 2018 im Münchner NSU-Prozess zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, außerdem stellte das Oberlandesgericht die besondere Schwere der Schuld fest. Mit ihr wurden insgesamt vier NSU-Helfer zu Strafen zwischen zweieinhalb und zehn Jahren verurteilt, alle Urteile sind rechtskräftig.
Als Zschäpe in Handfesseln und begleitet von drei Justizbeamtinnen den Verhandlungssaal betrat, richteten sich alle Blicke aus dem Zuschauerraum auf die 50-Jährige. Zschäpe, in Jeans, schwarzen Turnschuhe, Bluse und mit rötlichen langen gelockten Haaren nahm neben ihrem Anwalt Mathias Grasel vor dem Richtertisch Platz und schilderte auf Fragen der Vorsitzenden Richterin auch ihre Beziehung zu der in Dresden wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagten Susann E., der Ehefrau von André E., der in München als NSU-Helfer verurteilt wurde.
Zschäpe bestätigt, dass die heute 44-Jährige ihr während des Lebens im Untergrunds in Zwickau ihre Identität unter anderem für Zahnarztbehandlungen und Reisen mit der Bahncard lieh und bei der Mietung eines für einen Raubüberfall benutzten Wohnmobils dabei war.
Auch von den Banküberfällen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos habe E. gewusst. Von den Bombenanschlägen und Morden will Zschäpe ihr hingegen "nichts erzählt" haben. Auf die Frage, welchen Grund sie ihrer Freundin E. für das Leben im Untergrund genannt habe, sagte Zschäpe, das Trio habe dies stets mit einer drohenden Verhaftung aufgrund von Sprengstofffunden in Jena und früheren Straftaten begründet.
In ihrer weiteren Aussage stellte Zschäpe die Anklagte, die wie ihr Ehemann früher in der rechtsextremen Szene verankert war, vor allem als "gute Mutter" dar, mit der sie im Garten grillte, Fahrradausflüge unternahm und "unpolitische Gespräche" vor allem über deren Kinder führte.
Zschäpe berichtete oft gestikulierend einerseits zahlreiche Details aus dem NSU-Umfeld, etwa, dass Mundlos und Böhnhardt immer Waffen dabei hatten, ob am Computer, in der Bauchtasche oder im Bett. Andererseits machte sie immer wieder Erinnerungslücken geltend und verwahrte sich auch gegen die detaillierten Befragungen. "Was hat das jetzt mit Frau E. zu tun?", fragte Zschäpe etwa. "Ich habe das Gefühl, dass ich auf der Anklagebank sitze." Die Vorsitzende Richterin erwidert darauf: "Sie sind einzige Überlebende, sie sind Zeugin."
Die Zeugenbefragung von Zschäpe wird am Donnerstag fortgesetzt. Sie steht zudem auch noch Ende Januar auf der Zeugenliste.
L. Rodrigues--JDB